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Redispatch 2.0

Im Mai 2019 ist das Netzausbaubeschleunigungsgesetz (NABEG) in Kraft getreten. Dieses legt neben Maßnahmen und Regelungen für die Beschleunigung des Netzausbaus auch Vorgaben für das Netzengpassmanagement, dem sogenannten Redispatch 2.0, fest. Ab dem 1. Oktober 2021 gelten daher neue gesetzliche Vorgaben für das Management von Netzengpässen.

Die bisherigen Regelungen für Einspeisemanagement-Maßnahmen werden mit dem Inkrafttreten von Redispatch 2.0 aus dem Erneuerbare-Energien-Gesetz in das Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) integriert. Dies betrifft alle Erzeugungsanlagen und Speicher mit einer Leistung ab 100 Kilowatt und alle sonstigen steuerbaren Erzeugungsanlagen. Zu Beginn werden Anlagen ab 100 kW prioritär behandelt und die Einbeziehung kleinerer Anlagen in den vollumfänglichen, neuen Prozess sollen nachrangig erfolgen.

Mit Redispatch 2.0 verbunden sind auch neue Vorgaben und Aufgaben nicht nur für die Netzbetreiber, sondern auch für Anlagenbetreiber. Die neuen Prozesse sollen den Informations- und Datenaustausch, den Bilanzkreisausgleich sowie die Abrechnung optimieren und dadurch die volkswirtschaftlichen Kosten minimieren.

Weiterführende Informationen und Details zum Redispatch 2.0 finden Sie auf den Internetseiten des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) unter www.bdew.de/energie/redispatch-20

Informations- und Datenaustausch

Betreiber von Erzeugungsanlagen und von Anlagen zur Speicherung von elektrischer Energie sind gesetzlich dazu verpflichtet, den Netzbetreibern die Informationen bereitzustellen, die notwendig sind, die Elektrizitätsversorgungsnetze sicher und zuverlässig zu betreiben.

Weitere Konkretisierungen ergeben sich durch die Festlegungen der Bundesnetzagentur (u. A. BK6-20-060, BK6-20-061 und BK6-20-059). Diese Festlegungen verpflichten Anlagenbetreiber und Einsatzverantwortliche, Informationen zu ihren Anlagen an den jeweiligen Anschlussnetzbetreiber zu übermitteln.

Diese Übermittlungspflichten beinhaltenen unter anderem

  • Benennung eines Einsatzverantwortlichen (EIV) und eines Betreibers der Technischen Ressource (BTR) 
  • Bereitstellung von Stammdaten
  • Bereitstellung von Bewegungsdaten
  • Festlegung der Abrufart für die Leistungsreduzierung (Aufforderungsfall oder Duldungsfall)
  • Festlegung des Bilanzierungsmodells (Planwertmodell oder Prognosemodell)
  • Informationen zu Nichtbeanspruchbarkeiten
  • Echtzeitdaten zur aktuellen Einspeiseleistung Für Anlagen, für die sog. Einspeisefahrpläne zur Vorhersage der geplanten Einspeisung erstellt werden, gelten zusätzliche Datenlieferpflichten.
Datenaustauschwege im Redispatch 2.0

Um den Redispatch-2.0-Prozessteilnehmern in der Marktrolle des Anlagenbetreibers / Einsatzverantwortlichen (EIV) und des Lieferanten eine effiziente Erfüllung ihrer Datenliefer- und Datenempfangsverpflichtungen für Redispatch-2.0-Basisdaten an den Anschlussnetzbetreiber zu ermöglichen, wird durch das Netzbetreiberprojekt „Connect+“ eine deutschlandweit einheitliche Kommunikationsschnittstelle als Single-Point-of-Contact zur Verfügung gestellt.

Das von Connect+ bereitgestellte IT-System „RAIDA“ kann die Funktion der neuen Marktrolle des „Data-Providers“ für Redispatch 2.0 deutschlandweit einnehmen und Stamm- und Bewegungsdaten automatisiert vom EIV an die betroffenen Netzbetreiber weiterleiten, sowie Abrufinformationen und Abrufaufforderungen vom Netzbetreiber an den EIV und Lieferanten übermitteln. Zur Erleichterung der Prozessteilnahme wird von Connect+ zusätzlich eine Client- Software bereitgestellt.

Der Versand und Empfang von Abrechnungs-, Bilanzierungs- und Echtzeitdaten sowie von Steuerbefehlen erfolgt indes nicht über Connect+, sondern weiterhin über die bestehenden Datenwege.

Weiterführende Informationen und Details finden Sie unter www.netz-connectplus.de

Notwendige Anlagenfunktionalitäten zur Maßnahmenumsetzung

Ein wichtiger Aspekt für die erfolgreiche operative Umsetzung von Redispatch-2.0-Maßnahmen ist die ordnungsgemäße Ausstattung von Anlagen mit entsprechender Steuerungstechnik. Um bei Redispatch-2.0-Abrufen einen sicheren und zuverlässigen Netzbetrieb zu gewährleisten, müssen Anlagen definierte technische Vorgaben erfüllen.

Betreiber von Stromerzeugungseinheiten müssen nach der Vorgabe des § 13a EnWG in der Lage sein, auf Aufforderung des Netzbetreibers die Wirk- oder Blindleistungserzeugung anzupassen oder eine Anpassung zu dulden.

Im Aufforderungsfall muss der Einsatzverantwortliche (EIV) den Einsatz an seiner Anlage selbst umsetzen, wenn er vom Netzbetreiber zur Regelung aufgefordert wird.

Im Duldungsfall regelt der Anschlussnetzbetreiber die Anlagen über eine technische Einrichtung und der Anlagenbetreiber muss diese Regelung dulden. Anlagen im Netzgebiet der Netzgesellschaft Halle müssen entsprechend über eine Technik zur ferngesteuerten Reduzierung der Einspeiseleistung (hier: EFR-Gerät mit Funkrundsteuertechnik; siehe „Technische Vorgaben (EinsMan)“ verfügen.

Die Wahl der Abrufart (Aufforderungsfall oder Duldungsfall) ist über die die elektronische Austauschplattform (Connect+) im Rahmen der initialen Stammdatenmeldung durch den EIV an den Netzbetreiber mitzuteilen. Wird keine Zuordnung übermittelt, wird die Anlage initial dem Duldungsfall zugeordnet.

Verantwortliche Personen / Marktakteure / Marktrollen

Für einen sicheren und reibungslos funktionierenden Austausch von Informationen zur Umsetzung von Redispatch 2.0 wurden bestimmte Verantwortlichkeiten und Aufgaben jeweils genau einer sog. Marktrolle zugeordnet. Natürliche oder juristische Personen können auch mehrere Rollen einnehmen.

Anlagenbetreiber 

  • Der Anlagenbetreiber ist die natürliche oder juristische Person, die eine Erzeugungsanlage betreibt. Der Anlagenbetreiber ist der Betreiber einer technischen Ressource (BTR) und der Einsatzverantwortliche (EIV), sofern er diese Rollen nicht an Dritte abtritt.

Betreiber der Technischen Ressource (BTR) 

  • Der BTR ist für den Betrieb einer Technischen Ressource (TR) verantwortlich. Dies kann im Redispatchprozess die Übermittlung von Echtzeitdaten oder meteorologischen Daten für die Ermittlung der zu bilanzierenden Energiemenge bzw. Ausfallarbeit umfassen. Die Rolle wird vom Anlagenbetreiber wahrgenommen, soweit dieser keinen Dritten (z. B. ein Direktvermarktungsunternehmen) mit der Wahrnehmung beauftragt.

Einsatzverantwortlicher (EIV) 

  • Der EIV ist für die Planung und Einsatzführung einer technischen Ressource (TR) und die Übermittlung der Fahrpläne verantwortlich. Er muss die für den Netzbetreiber erforderlichen Daten der Anlage aktuell und vollständig gemäß den gesetzlichen Verpflichtungen und regulatorischen Vorgaben der BNetzA bereitstellen.
  • Dazu gehören insbesondere verbindliche Informationen über den prognostizierten Anlageneinsatz und Nichtbeanspruchbarkeiten der Anlage. Der Datenaustausch erfolgt elektronisch über die Austauschplattform Connect+.
  • Des Weiteren hat der EIV Aufforderungen zur Anpassung des Anlageneinsatzes zur Unterstützung des Netzbetriebes umzusetzen. Die Rolle wird vom Anlagenbetreiber wahrgenommen, soweit dieser keinen Dritten mit der Wahrnehmung beauftragt.

Sofern Sie die Verantwortung der Umsetzung der Maßnahmen an einen separaten Einsatzverantwortlichen (EIV) und/oder Betreiber der technischen Ressource (BTR) abgeben, benennen Sie uns bitte dessen Kontaktdaten für die künftige Abstimmung.

Eine Liste von Marktakteuren bzw. Dienstleistern, die die Aufgaben dieser Marktrollen übernehmen können, ist zu finden unter https://www.bdew.de/energie/anbieterliste-dienstleister-redispatch-20/.

Möchten Sie gerne selbst als BTR und/oder EIV die Daten austauschen (bspw. im EDIFACT- oder XML-Format), beantragen Sie bitte eine kostenpflichtige BDEW-Codenummer bei der Energie Codes und Services GmbH, unter: https://bdew-codes.de/

Technische und Steuerbare Ressourcen

Technische Ressourcen (TRs) und Steuerbare Ressourcen (SRs) sind neue Identifikatoren (IDs) gemäß Rollenmodell für die Marktkommunikation im deutschen Energiemarkt und dienen im elektronischen Datenaustausch zwischen den Marktpartnern als eindeutige Benennung von technischen Objekten.

  • Eine TR ist dabei ein technisches Objekt, das Strom verbraucht und/oder erzeugt (bspw. ein Speicher oder ein Generator).
  • Eine SR wirkt auf mindestens einen Netzanschlusspunkt, ist steuerbar, setzt sich aus mindestens einer TR zusammen und ist mindestens einer Marktlokation (MaLo) zugeordnet.

Diese Identifikatoren werden entsprechend der Bildungsvorschrift durch die Codevergabestelle des BDEW an den Netzbetreiber vergeben und bestehen aus einer 11-stelligen, alphanumerischen ID-Nummer (bspw. C1010123101 (SR), D1019123001 (TR)).

Der Netzbetreiber teilt die TR-ID, die SR-ID und die Zuordnung dieser Identifikatoren zu den Erzeugungsanlagen und technischen Einrichtungen den Anlagenbetreiber mit. Der Anlagenbetreiber übermittelt diese an seinen Einsatzverantwortlichen (EIV).

Maßnahmenausgleich

Das bisherige Einspeisemanagement reagierte auf zu erwartende Überlastungen im Netz. Beim Redispatch 2.0 wird die Entwicklung von Last und Einspeisung prognostiziert und Maßnahmen gegen zu erwartende Überlastungen von Betriebsmitteln schon im Vorfeld eingeleitet.

Im Gegensatz zum bisherigen Einspeisemanagement wird im Redispatch 2.0 nicht nur die eingespeiste, sondern auch die abgeregelte Energiemenge (sog. Ausfallarbeit) je Viertelstunde einem Bilanzkreis zugeordnet und somit ein bilanzieller Ausgleich erzielt. Es erfolgt ein bilanzieller Ausgleich der angemeldeten Fahrpläne des Bilanzkreisverantwortlichen (z.B. im Falle der Direktvermarktung). Dabei wird der Bilanzkreis des Betroffenen so gestellt, als hätte es die Maßnahme nicht gegeben.

Für diesen bilanziellen Ausgleich und die Abrechnung werden prinzipiell zwei Modelle angeboten. Es wird zwischen dem Prognosemodell und dem Planwertmodell unterschieden. Die beiden Modelle unterscheiden sich vor allem in der Art der Erstellung der Erzeugungsprognose und werden zwischen dem Anlagenbetreiber und seinem Einsatzverantwortlichen (EIV) für jede Steuerbare Ressource (SR) abgestimmt.

  • Im Planwertmodell muss der EIV Anlagenfahrpläne (Erzeugungsprognosen) für jede Technische Ressource (TR) mindestens am Vortag an den Netzbetreiber übergeben. Um am Planwertmodell teilnehmen zu können, muss der EIV Voraussetzungen erfüllen.
  • Im Prognosemodell muss der EIV keine Fahrpläne zur Verfügung stellen. Die Erzeugungsprognose erstellt der Netzbetreiber. Initial werden alle Anlagen, die keine Fahrpläne zur Verfügung stellen, dem Prognosemodell zugeordnet.

Im Redispatch 2.0 gibt es verschiedene Abrechnungsmodelle. Diese beschreiben die Methode, wie bei einer Redispatch-Maßnahme die Ausfallarbeit ermittelt wird.

  • Die Pauschalabrechnung basiert dabei je nach Energieträger auf der Fortschreibung der letzten vollständig gemessenen Leistungsmittelwerte der Anlage vor der Maßnahme für den Zeitraum der Redispatch-Maßnahme.
  • Bei der Spitzabrechnung wird die Ausfallarbeit auf Basis von anlagenscharfen Wetterdaten dynamisch je Viertelstunde ermittelt.
  • Zudem gibt es die Möglichkeit eine vereinfachte Spitzabrechnung („Spitz Light“) zu nutzen, falls keine eigene Messung der Wetterdaten an der Erzeugungsanlage vorhanden ist.

Die Wahl der Abrechnungsmethode obliegt dem Anlagenbetreiber. Das Abrechnungsmodell ist zudem abhängig vom Bilanzierungsmodell und der Art der Energieerzeugung.